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Digital Classicist Seminar: "Digitale Zwillinge in der Archäologie – Potenziale und Grenzen am Beispiel der Krypta von San Marco in Venedig"

18.11.2025 | 16:00 - 18:00

Vortrag von Sabine Feist, Matthias Lang & Philippe Pathé (Bonn)

Abstract

Digitale Methoden haben sich in den Altertumswissenschaften zu unverzichtbaren Werkzeugen entwickelt, insbesondere im Bereich der Dokumentation und Analyse schwer zugänglicher oder gefährdeter Monumente. Ein exemplarisches Beispiel dafür bietet die digitale 3D-Erfassung der Krypta von San Marco in Venedig – einem Ort, der unter normalen Bedingungen kaum besucht werden kann und der durch das häufige acqua alta in der Lagunenstadt immer mehr in Mitleidenschaft gezogen wird. Im Rahmen eines gemeinsamen Lehr- und Forschungsprojekts der Christlichen Archäologie der Universität Bonn und dem Bonn Center for Digital Humanities wurde ein vollständig begehbares, immersives Modell der Krypta erstellt, das Studierenden nicht nur einen virtuellen Zugang ermöglicht, sondern auch in die Auseinandersetzung mit aktuellen Forschungsfragen integriert ist.

Die VR-Umgebung erlaubt es, architektonische Zusammenhänge – etwa das Verhältnis zwischen Krypta, Retrokrypta und Oberkirche – im Maßstab 1:1 zu erleben und dabei alternative Rekonstruktionsvorschläge explorativ zu prüfen. Darüber hinaus werden zentrale Diskussionen der Forschung aufgegriffen, etwa zur Bauabfolge (ob die Krypta bereits zur sog. Partecipazio-Kirche des 9. Jahrhunderts gehörte oder erst mit der Contarini-Kirche des 11.  Jahrhunderts entstanden ist) oder zur ursprünglichen Lage des Markusgrabes.

Im Zentrum des Vortrags soll die kritische Reflexion der methodischen Potenziale und Grenzen digitaler Rekonstruktions- und Vermittlungsstrategien stehen: Welche Vorteile bietet eine immersive Darstellung gegenüber traditionellen Visualisierungsformen? Wie lässt sich wissenschaftliche Reproduzierbarkeit in modularen VR-Umgebungen sichern? Welche technischen, urheberrechtlichen oder infrastrukturellen Hürden bestehen für eine langfristige Nachnutzung? Und wie verändert sich durch die Einbindung Studierender in Produktions- und Analyseprozesse die Vermittlung archäologischer Inhalte?

Das Projekt zeigt exemplarisch, wie digitale Werkzeuge in der Lehre nicht nur Inhalte zugänglich machen, sondern auch den Zugang zu methodischer Kritik fördern können. Gleichzeitig werden aber auch die Grenzen deutlich: etwa der hohe technische Aufwand in der Modellpflege, die Abhängigkeit von Plattformen oder die Notwendigkeit nachhaltiger Datenstrategien. Die Krypta von San Marco in Venedig steht somit nicht nur als Fallbeispiel für die Nutzung digitaler Methoden in der Christlichen Archäologie, sondern auch für deren kritische Reflexion im Spannungsfeld zwischen Innovation und Machbarkeit.

Zeit & Ort

18.11.2025 | 16:00 - 18:00

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Unter den Linden 8
10117 Berlin
Lise-Meitner-Saal (Gebäude der Staatsbibliothek Berlin, Eingang Unter den Linden)
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